Die digitale Transformierung ist eines der großen Themen der Zeit. An ihr entscheidet sich, ob Deutschland der Zukunft gewachsen sein wird oder den innovativen Nationen hinterherhinken wird. Was für Deutschland gilt, gilt im Kleinen für jedes Unternehmen. Betriebe können nur dann wettbewerbsfähig bleiben, wenn sie digitale Prozesse sinnvoll in ihre unternehmerischen Abläufe integrieren und einen reibungslosen und kraftvollen Workflow herstellen.
© pixabay.com @geralt
Ein Vergleich soll diese Notwendigkeit verdeutlichen: Ein Großbetrieb beispielsweise in Magdeburg, der 1880, das heißt rund 30 Jahre nach Beginn der industriellen Revolution in Kontinentaleuropa, immer noch in Manufakturen statt in Fabriken produziert und dieses System beibehält, wird nicht mehr lange ein Großbetrieb bleiben.
Was ist die Industrie 4.0?
Die Bundesregierung entwarf 2011 einen Aktionsplan für die digitale Revolution. Es sollten smarte IT Lösungen von Innobit und andere fortschrittliche digitale Technologien gefördert werden. Der Begriff der
Industrie 4.0 wurde dabei von einer beauftragten Denkfabrik geprägt.
Ausgangspunkt für die Überlegungen ist die Einordnung des gegenwärtigen Digitalzeitalters als vierte industrielle Phase nach der Mechanisierung durch Dampfkraft und mechanische Webstühle ab 1784 (zunächst in England); Massenproduktion nach der Elektrifizierung und dem Fließband ab 1870; Automatisierung durch Computer und Elektronik ab 1969 sowie cyberphysikalische Systeme mit dem Internet der Dinge und Big Data aktuell.
Die digitale Transformation äußert sich durch die Verwendung digitaler Netzwerke, die zunehmend die Fähigkeit entwickeln, sich selbständig zu steuern und Verantwortlichen datengetriebene Entscheidungen zu ermöglichen.
Resilienz des Kapitalismus
Das Konzept der Industrie 4.0 basiert auf den Forschungen von Nikolai Kondratieff. Der Wirtschaftswissenschaftler sollte nach der Oktoberrevolution den Beweis für die Thesen von Marx und Engels erbringen, dass der Kapitalismus keine Zukunft habe. Die Gründungsväter des „wissenschaftlichen Sozialismus“ gingen davon aus, dass die Unternehmen aufgrund ihrer Tendenz zur Monopolisierung sowie der beschleunigten Produktionsmethoden bald die Nachfrage nach Konsumgütern global gesättigt haben werden und daraufhin kaum noch etwas zu produzieren hätten.
Den Denkfehler dieses Modells entlarvte Kondratieff, der im Gegensatz zu Marx und Engels die qualitative Komponente in der makroökonomischen Entwicklung berücksichtigte. Kondratieff erkannte, dass es im Zuge des wissenschaftlichen Fortschritts und ständiger Innovationen im betrieblichen Alltag seit Beginn der Industriellen Revolution verschiedene Leittechnologien gegeben habe, die immer wieder zu neuen Produkten, einer neuen Nachfrage und einem neuen konjunkturellen Boom geführt haben.
Das konnte den sowjetischen Machthabern nicht gefallen, weswegen sie Kondratieff wie Millionen seiner Landsleute ermordeten. Peter Schumpeter führte die Arbeiten von Kondratieff fort und prägte mit Blick auf den regelmäßigen konjunkturellen Aufschwung durch neue Leittechnologien wie Dampfmaschine, Elektrizität, Fließband, Automobil, Computer und Internet den Begriff der Langen Wellen, der synonym zum Kondratieff-Zyklus verwendet werden kann.
Die Grenzen des Wachstums
Mit Blick auf die Funktionsfähigkeit der freien Marktwirtschaft ist das Modell von Kondratieff und Schumpeter allgemein anerkannt. Auch praktisch ist es für Unternehmer von hohem Nutzen, da ihnen das Konzept vor Augen führt, dass technologische Innovationen in Krisenzeiten ein Ausweg sind, während das Konzept Regierungen signalisiert, dass diese Lösungen effektiver sein können als eine rigide Austeritätspolitik.
Die Kritik kommt hingegen von einer anderen Seite. Sie bezieht sich auf die Tendenz, Wachstum als Wert an sich anzusehen, der keinerlei Rechtfertigung bedürfe. Als 1972 die einflussreiche Studie
Die Grenzen des Wachstums des Club of Rome zur Lage der Menschheit veröffentlicht wurde, begann sich in der Weltbevölkerung ein Gefühl für die begrenzten Ressourcen unserer Erde und die Gefahren durch Überbevölkerung und Umweltverschmutzung zu entwickeln.
Zum allmählichen Wertewandel trugen die erstmaligen Aufnahmen der Erde vom Mond ebenfalls bei, denn unser Planet wirkte aus der Ferne seltsam klein und zerbrechlich.
Digitale Methoden können helfen
Problematisch wäre es allerdings, den technologischen Fortschritt in der Wirtschaftsentwicklung pauschal zu verdammen, denn die digitale Transformierung bietet Chancen, mithilfe der technologischen Innovationen die Umweltverschmutzung zu reduzieren, die Emissionen von Treibhausgasen einzudämmen, ressourcenschonend zu wirtschaften und alternative Energiequellen zu optimieren.
Speziell im Einsatz grüner Technologien und grüner Standards liegen gewaltige Potenziale verborgen, der Klimakrise zu begegnen. Smarte Produktion schont den Planeten. Ein Mutmacher ist in dieser Hinsicht die deutliche Reduktion der Luftverschmutzung in Europa seit 1990.
Die Bedenken, dass den Menschen durch die Digitalisierung die Arbeit ausgehe, können mit dem Verweis entkräftet werden, dass Innovationen stets neue Perspektiven für neue Formen der Wertschöpfung bieten, die arbeitsintensiv ausfallen können. Schon die frühen Maschinenstürmer irrten mit der Befürchtung, die Industrialisierung mache alle arbeitslos.